Sonntag, 13. März 2011

Starcraft 2. Wings of Liberty

Bescheidene 12 Jahre nach Erscheinen des ersten Teils hat Blizzard Entertainment nun mit Starcraft 2 den heißersehnten Nachfolger des wohl bekanntesten, vielleicht besten, sicherlich aber einflussreichsten Echtzeitstrategiespiels der letzten 15 Jahre vorgelegt. Es geht, wie Kennern des Genres und des Vorgängers wohl bekannt sein dürfte, um Krieg. Dieser wird in ferner Zukunft im von der Erde weit entfernten Koprulu-Sektor ausgefochten und vom Spieler aus der Vogelperspektive gelenkt. Man dirigiert Truppen, sammelt Ressourcen, errichtet Produktionsgebäude und Verteidigungsanlagen und erweitert die eigene Armee, um schließlich den Gegner durch strategisches und taktisches Geschick in die Knie zu zwingen.
Da das Ganze wie bereits erwähnt in der Zukunft spielt, wimmelt es dabei von Raumschiffen, Mechs, Laserkanonen und – natürlich – Aliens. Insgesamt drei Fraktionen kämpfen wie schon in Starcraft 1 um die Vorherrschaft im All, neben den Menschen (ihrer Herkunft wegen Terraner genannt) außerdem die insektoiden Zerg und die fortschrittlichen Protoss. Anders als noch in Starcraft 1 bestreitet man jedoch die Singeplayer-Kampagne hauptsächlich aus Sicht der Terraner, statt nacheinander Feldzüge für alle Fraktionen zu führen. Diese Einschränkung ist das Ergebnis der im Vorfeld kontrovers diskutierten Entscheidung Blizzards, das gesamte Singleplayer-Spiel quasi zu dritteln. So handelt der erste, nun erschienene Teil von Starcraft 2 mit dem Untertitel Wings of Liberty vom Schicksal des Starcraft-Veteranen sicher noch bekannten Freiheitskämpfers Jim Raynor, der sich zusammen mit einigen wenigen Rebellen gegen das autoritäre terranische Dominion-Regime stellt. In den kommenden Jahren sollen in zwei weiteren Starcraft 2 – Episoden jeweils Zerg und Protoss im Vordergrund stehen. Die Aufteilung des Kampagnenmodus auf drei verschiedene Spiele wurde von Blizzard mit der außergewöhnlichen Qualität und dem Produktionsaufwand begründet, die in jede einzelne Kampagne fließen sollen.
Und die sieht man dem Endprodukt absolut an. Die Art und Weise, in der Starcraft 2 seine Geschichte präsentiert, ist so bislang in Strategiespielen nicht dagewesen. Zwischen den einzelnen Missionen kann man sich in Gestalt Jim Raynors durch die detailliert dreidimensional ausgestalteten Abschnitte seines Flaggschiffs, der Hyperion, klicken und beinahe in Adventure-Manier Dialoge mit den anderen Charakteren führen, die Musik in der Bar an der Jukebox ändern oder sogar an einem Spielautomaten einen kleinen 2d-Space-Shooter spielen. Abgesehen davon, dass die Geschichte in diesen Abschnitten filmreif inszeniert vorangetrieben wird (die brillante Originalsprachfassung des Spiels sei an dieser Stelle allen empfohlen, die des Englischen mächtig sind), haben die Spielanteile auf der Hyperion auch konkrete Auswirkungen auf den Spielablauf: Man bestimmt selbst, in welche Einheiten- oder Gebäudeupgrades die Credits investiert werden, die man durch gewonnene Missionen erspielt, außerdem kann man sogar in den Gefilden der beiden Feindfraktionen wildern: Sammelt man in den Missionen beispielsweise Artefakte der Protoss oder DNA- Proben von Zergkreaturen ein, gewinnt man so Kenntnisse, die man in der Forschung im Labor der Hyperion zu einzigartigen Vorteilen umsetzen kann. Schließlich hat der Spieler auch (fast) immer die Wahl, welche Mission als nächstes in Angriff genommen wird, wobei diese Auswahl leider nur teilweise relevant ist. Sie bestimmt lediglich, welche neue Einheit als nächstes ins Arsenal aufgenommen wird, man wird aber früher oder später alle Missionen spielen müssen, um die Endsequenz zu sehen. Insgesamt funktioniert die Inszenierung der Geschichte und der Kampagne großartig und lässt schnell vergessen, dass es sich bei fast allen Charakteren um eindimensionale, stereotype Figuren handelt.


Zu den Missionen selbst bleibt nicht viel mehr zu sagen, als dass sich Kenner des Vorgängers sofort im Spiel zurecht finden, Steuerung und Interface sind nahezu direkt vom 12 Jahre alten ersten Spiel übernommen. Die Einsätze selbst gestalten sich sehr variabel, nahezu jede Mission bietet eine Besonderheit, die sie von anderen Einsätzen oder Multiplayerschlachten unterscheidet. So muss man sich beispielsweise auf einem Lavaplaneten in regelmäßigen Abständen auf höher gelegenes Gebiet flüchten, um nicht Opfer der ansteigenden Lava zu werden, ein anderes Mal kontrolliert man eine riesige Laserkanone, mit der man sowohl die Tür eines uralten Tempels aufschweißen als auch sich gegen anstürmende Gegner zur Wehr setzen muss.
Grafisch ist das ganze Spiel dabei wie von Blizzard gewohnt nicht auf dem aktuellsten Stand der Technik, dafür aber mit enormer Liebe zum Detail ausgestaltet. Sowohl in dem Missionen als auch an Bord der Hyperion entdeckt man immer wieder kleine Details wie Straßenschilder, Propagandaplakate oder im Hintergrund laufende Nachrichten- oder Werbespots, die zusammen mit den exzellenten und vielseitigen Animationen der Einheiten und Charaktere dazu beitragen, die Welt von Starcraft 2 überaus lebendig erscheinen zu lassen.
Bei soviel Lob bleibt nur wenig Raum für Kritik (und die wird auf hohem Niveau geäußert). Anfangs kommt die Geschichte etwas langsam in Schwung, die ersten 10 Missionen lassen kaum episches Eroberungs-Feeling aufkommen und auch später wird das Spiel öfter Opfer seiner Spezialisierung – lange Aufbau- und Eroberungsmissionen wie noch im ersten Teil finden in Starcraft 2 kaum statt. Auch die Wahlmöglichkeiten innerhalb der Kampagne (zwischen bzw. vor Missionen und innerhalb des Forschungsfortschritts) hätten gravierender ausfallen dürfen, um mehrmaliges Durchspielen zu rechtfertigen. Von diesen kleinen Makeln abgesehen ist Starcraft 2 aber das momentan unbestritten beste Strategiespiel und eine uneingeschränkte Empfehlung wert. Ob und wie sich der (im ersten Teil extrem populäre) Multiplayermodus entwickelt und bewährt, werden die kommenden Wochen und Monate zeigen.


Artikel verfasst von Felix

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