Dienstag, 15. März 2011

Two Worlds 2


Two Worlds 2 ist ein klassisches Rollenspiel – Man verkörpert einen namenlosen Helden, der zusammen mit seiner Schwester vom bösen Magier Gandohar gefangen gehalten wird. Während der Held zu Beginn des Spiels mit der Hilfe einer Gruppe Orks aus Gandohars Kerkern fliehen kann, bleibt seine Schwester zurück und dient dem Fiesling weiterhin als ein Gefäß und Gefängnis für einen mächtigen Feuergott. Es ist nun am Helden, seine neu gewonnene Freiheit zu nutzen, um die Welt von Antaloor auf der Suche nach Informationen, Hilfsmitteln und Verbündeten zu bereisen, die ihm im Kampf gegen Gandhohar nützen können.

Wie in Rollenspielen üblich bietet Two Worlds 2 die Möglichkeit, die Spielfigur vielfältig zu entwickeln und individuell anzupassen – das wird schon vor Spielbeginn an der Charaktererstellung sichtbar, die Detailveränderungen bis hin zur Höhe der Wangenknochen oder zur Krümmung der Nase in die Hände des Spielers legt. Einzig das Geschlecht lässt sich nicht anpassen, man ist also auf einen männlichen Helden festgelegt. Hat man diesen schließlich äußerlich den eigenen Wünschen und Vorstellungen angepasst, beginnt das Spiel und man findet sich direkt mitten im Getümmel eines Orküberfalls auf Gandohars Festung wieder. Die Orks wollen einem allerdings, anders als ihre Kollegen in zahlreichen anderen Spielen, nicht ans Leder, sondern sind vielmehr darauf aus, den Helden aus den Fängen Gandohars zu befreien. Im Rahmen dieser Befreiungsaktion und später im Lager der Orks werden die Grundlagen des Spiels vermittelt. Der Held wird aus der 3rd-Person Ansicht per Tastatur gesteuert, Kämpfe laufen in Echtzeit ab und sind leicht zu steuern. Per rechter und linker Maustaste wird geblockt bzw. angegriffen, später kommen je nach Charakterentwicklung Spezialangriffe hinzu. Aber man kann sich in Two Worlds 2 nicht nur mit dem Schwert seiner Gegner erwehren, sondern ebenso gut Pfeil und Bogen, Magie oder heimtückische Meuchelei bemühen. Dem Rollenspielaffinen Leser ist natürlich klar, dass diese vier Kampftechniken mit vier klassischen Charakter-Stereotypen verbunden sind: Krieger, Bogenschütze, Magier und Dieb gehören seit jeher zum Inventar von Fantasy-Rollenspielen und dürfen so auch bei Two Worlds nicht fehlen. Die Charakterentwicklung findet demnach auch hauptsächlich entlang dieser vier Rollenvorbilder statt – Jeder Levelaufstieg beschert dem Spieler Attributs- sowie Fertigkeitspunkte. Erstere dienen der Entwicklung der Grundwerte des Charakters, beispielsweise seiner Stärke oder seiner Geschicklichkeit, Attributspunkte verbessern hingegen konkrete Fähigkeiten, wie beispielsweise den Multischuss mit mehreren Pfeilen oder das Vermögen, mit Wassermagie umzugehen. Komplett neue Fähigkeiten lernt man in Two Worlds 2 allerdings nicht über Levelaufstiege, sondern einzig durch Bücher, die einem die Entwickler zu festgesetzten Zeitpunkten in der Hauptstory vor die Nase setzen. Hier wäre etwas mehr Freiheit bei der Charakterentwicklung wünschenswert gewesen. Ansonsten aber ist das Fertigkeitensystem solider Rollenspiel-Standard. Einzig das Magiesystem von Two Worlds 2 bedarf noch besonderer Erwähnung – Hier kann man sich über Kombinationen von Zauberkarten eigene Sprüche bauen. Dabei fungiert immer eine Karte als Träger, der bestimmt, wie ein Zauber ausgeführt wird (als Geschoss, als Flächeneffekt, als Falle etc.) und eine Weitere definiert den eigentlichen Zaubertyp (Feuer, Wasser, Erde etc.). Zusätzlich können weitere Karten hinzugefügt werden, um regelrechte Zauberketten zu bilden oder den Effekt einzelner Sprüche zu verstärken. Wie viele Zauberkarten auf diese Weise kombiniert werden können, hängt wiederum von Level und Spezialisierung des Charakters ab. Das System funktioniert in der Praxis überraschend gut und bietet eine schöne Abwechslung zu den häufig austauschbaren Magiesystemen anderer Rollenspiele.

Grafisch ist Two Worlds 2 über nahezu jeden Zweifel erhaben, auch auf einem nicht topaktuellen Rechner sieht das Spiel sehr gut aus, die große, frei erkundbare Welt besticht mit hoher Sichtweite, detaillierten Texturen und schönen Effekten. Einzig einige Effekte wie die Tiefenunschärfe bei Dialogen werden etwas zu enthusiastisch eingesetzt und nerven bald. Auch die Animationen der Figuren sind nicht immer perfekt und wirken manchmal unfreiwillig komisch und puppenhaft, aber diese Mängel treten angesichts des überaus positiven Gesamteindrucks der Grafik in den Hintergrund. Die unterschiedlichen Landstriche Antaloors sind abwechslungsreich designed und laden zum Erkunden ein, wozu die fünf umfangreichen Kapitel der Solokampagne mehr als genug Raum bieten. Neben den Hauptquests locken zahlreiche Nebenaufgaben, wer Antaloor vollständig erkunden will, wird zahlreiche Stunden mit Two Worlds 2 verbringen können.
Erzählerisch bietet Two Worlds 2 aber  Fantasy-Standardkost. Die Geschichte ist zwar nett präsentiert, aber nichts, was nicht in zahllosen anderen Rollenspielen auf vergleichbare Weise abgehandelt würde. Besser schlägt sich das Spiel, wenn es darum geht, seine Welt plausibel zu machen – Zwar wird dauernd mit seltsamen Fantasy-Namen umhergeworfen, allerdings liegen überall in der Welt Bücher und Schriftstücke verstreut, die demjenigen, der nur genug Geduld hat, sie alle zu lesen, die Geschichte, Kultur und Mythologie Antaloors näher bringen. Wer ein Auge für Details und Spaß am Lesen hat, wird so durchaus herausfinden, dass Two Worlds 2 eine plausible Welt konstruiert. Dieser Eindruck verstärkt sich zusätzlich durch die durchaus gute Vertonung des Spiels, die Sprecher der meisten Figuren sind gut gewählt.
Wer die Einzelspieler-Kampagne hinter sich gebracht hat, dem bietet Two Worlds 2 auch darüber hinaus Unterhaltung – Das Spiel bildet eine echte Ausnahme in seinem Genre, da es einen umfassenden Multiplayermodus und sogar eine kooperative Kampagne für bis zu acht Spieler umfasst. Zusammen mit den zahllosen Nebenquests und Minispielen der Hauptkampagne ergibt sich so eine Vielfalt an Inhalten, die Two Worlds 2 zur uneingeschränkten Empfehlung für alle Rollenspieler macht.


Artikel verfasst von Felix

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