Montag, 9. Mai 2011

Portal 2


Es geht wieder um die Wissenschaft!
Schaut man sich rückblickend die auch in der Computerspielindustrie üblichen Top-Listen der besten Spiele für das Jahr 2007 an, so findet sich fast ausnahmslos ein Titel an der Spitze: Portal. Selten begeistert ein Spiel so durch die Bank wie der Puzzle-Shooter von Valve. Dabei war Portal lediglich als eines unter mehreren Spielen für den Release einer Sammlung entwickelt und dementsprechend kurz: Nach vier Stunden war der Spaß vorbei – in dieser Zeit allerdings ist man von einem Computerspiel so gut unterhalten worden wie kaum zuvor.

Aber von Anfang an: Portal 2 ist im Kern, also in der Spielmechanik, seinem Vorgänger sehr ähnlich und damit in allererster Linie reichlich seltsam. Alles an der äußeren Erscheinung des Spiels schreit „Shooter!“, aber in Portal gibt es nur eine einzige Waffe. Und die verursacht keine Explosionen, allerdings durchaus Löcher; genauer: Portale. Ein orangenes Portal und ein blaues Portal. Was in das eine Portal geht oder fällt, kommt aus dem anderen wieder heraus. So einfach ist das und auf dieser Mechanik baut das gesamte Spielprinzip von Portal 2 auf, es handelt sich um ein großes Puzzlespiel. Man muss die Level navigieren und die Testaufbauten lösen, indem man sich geschickt des einzigen Werkzeugs bedient, das einem zur Verfügung steht, der Portalkanone. Und Gelegenheit sie auszuprobieren, oder sollte man besser sagen, sie zu testen, gibt es genug. Denn man schlüpft, wie schon im ersten Teil, in die Haut von Chell, der stummen Protagonistin und dem scheinbar einzigen lebenden Menschen in den gigantischen, endlosen Hallen des Aperture Science Komplexes. Wozu der Komplex dient und warum Chell darin festgehalten wird? Weiß man nicht genau, einzig ein Ziel ist offensichtlich: Das Testen. Ob nun in erster Linie Chell oder die Portalkanone getestet wird, ist dabei unerheblich, da sie das einzig verfügbare Testsubjekt ist, bleibt alles an ihr hängen. Da Chell aber am Ende des ersten Spiels mit dem soziopathischen Supercomputer GLaDOS die Aufseherin des gesamten Komplexes außer Betrieb gesetzt hat, sind die Hallen von Aperture Science bei Chells Erwachen zu Beginn des Spiels in alles andere als gutem Zustand und das erste Ziel lautet: Überleben.
Zur Seite steht dem Spieler in Gestalt Chells dabei einer der neuen Charaktere, Wheatley, ein kleiner, runder Roboter, der den Persönlichkeitssphären, aus denen GLaDOS besteht, verdächtig ähnelt. Im Gegensatz zu GLaDOS ist Wheatley allerdings zum einen um das Wohl des Spielers besorgt, zum anderen keinesfalls Herr der Lage und daher immer latent in Panik. Rechnet man hinzu, dass Wheatley gewiss nicht die brillanteste KI aus der Produktion von Aperture Science ist, ergeben sich großartig humorvolle Monologe, die Wheatleys Synchronsprecher Stephen Merchant auch mit Bravour umsetzt. Die zweite neue Figur tritt erst später im Spiel und auch dort nur über Tonbandaufnahmen in Erscheinung: dem exzentrischen Direktor von Aperture Science, Cave Johnson, leiht der Schauspieler J.K. Simmons die Stimme und überzeugt dabei ebenso wie Merchant. Allen, die des Englischen mächtig sind, sei an dieser Stelle auch unbedingt die Originalsprachfassung des Spiels empfohlen; die deutsche Vertonung ist zwar bemüht, lässt aber viel vom trockenen Humor und Sarkasmus der Originalfassung vermissen. Über die Story an sich sei hier nicht viel verraten, außer, dass sie diesmal etwas mehr Einblick in die Hintergründe und die Geschichte des Unternehmens Aperture Science bietet, dabei aber ihren schwarzhumorigen Grundton immer wahrt und mit glänzend geschriebenen Monologen und Dialogen ihrer Charaktere glänzt.
Neben der Erzählung gibt es da ja auch noch das Spiel, dessen Gameplay sich zwar stark am Vorgänger orientiert, aber auch mit neuen Nuancen und Elementen aufwartet. So gibt es nun Traktorstrahlen, die sich durch Portale lenken lassen und Objekte in ihrem Inneren langsam in eine Richtung tragen und zwei verschiedene Gels, die, einmal über Oberflächen verteilt, deren Eigenschaften verändern. Das blaue Gel lässt den Spieler höher springen, das orangefarbene beschleunigt seine Bewegung enorm. Zusammen mit den bekannten Mechanismen der Portalkanone, wie beispielsweise dem Momentum und der erhöhten Geschwindigkeit, die sich mit dem Sturz von einem Portal ins andere erzielen lässt, ergeben sich unzählige Möglichkeiten, interessante Rätsel und Puzzles zu konstruieren.

Genau genommen würde die Fülle an Optionen reichen, um extrem komplexe Kopfnüsse zu entwickeln, dieser Versuchung sind die Designer bei Valve allerdings nicht erlegen. Portal 2 bleibt immer fair und machbar, etwas friemelig wird es einzig, wenn man in einigen späteren Kapiteln versuchen muss, teils gigantische Hallen und Kavernen zu durchqueren und nach der einen Stelle einer höher gelegenen Wand sucht, auf die man ein Portal schießen kann. Von solchen Kleinigkeiten abgesehen hinterlässt Portal 2 also auch bei seinem Rätseldesign einen durchweg positiven Eindruck und unterm Strich kommt man zu dem Schluss, dass Portal 2 sich nicht hinter seinem hochgelobten Vorgänger zu verstecken braucht und mit Sicherheit auch dieses Jahr wieder ein heißer Kandidat für verschiedene Bestenlisten ist.

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